Kundgebung Bürgergarten web 02

Gemeinsam haben viele Organisation, Parteien, Institutionen und die Religionsgemeinschaften aufgerufen, am Samstag, 10. Februar, in den Bürgergarten in Hameln zu kommen und gegen die politischen Strömungen zu protestieren, die versuchen, Menschen auszuweisen oder Menschen ihrer Würde zu berauben. Das war ein klares und lautstarkes Zeichen für Demokratie und Menschenrechte. Über 5.000 Menschen sind gekommen und haben Flagge gezeigt – viele aus dem Kirchenkreis waren mit dabei: Gemeinsam laut gegen Rechtsextremismus, Faschismus und Ausgrenzung.

Beifall Zuhörende web 03 Kirche

Mit aufgerufen hat neben vielen anderen auch die Kirchengemeinde Aerzen und der Kirchenkreis Hameln-Pyrmont. Viele aus Aerzen waren dabei. Unter denen, die laut wurden, war auch der Aerzener Bürgermeister Andreas Wittrock zusammen mit allen anderen Bürgermeistern aus dem Landkreis und dem Hamelner Oberbürgermeister, Claudio Griese, und Landrat Dirk Adomat.

Rede OB Ortsbürgermeister web 03

Stephan Vasel, Superintendent des Kirchenkreises Hameln-Pyrmont, hat in seinem Beitrag vorgeschlagen, Demokratie zu leben. Hier sein Beitrag im Wortlaut: "Kein Fachkräftemangel an Demokraten".

Rede Dr. Stephan Vasel web 02

Die frühere Landesbischöfin Margot Käßmann war als Hauptrednerin eingeladen. Vor über 5.000 Menschen forderte sie als deutsche Bürgerin, als Frau, als evangelische Pfarrerin und als Großmutter von sieben Enkeln auf wachsam zu sein, damit sich die Katastrophe des Faschismus nicht wiederhole. Hier ihre "kleine Rede zur Verteidigung der wunderbaren Demokratie" im Wortlaut.

Rede Margot Käßmann web 02

Alle Bilder von Harald Langguth, Öffentlichkeitsbeauftragter im Kirchenkreis Hameln-Pyrmont, - auch dieser Eindruck der Demo - bunt vielfältig, lebendig und voller Leben... 

Kundgebungsteilnehmende web 02

 

Rede Margot Käßmann web 03

Auf der Kundgebung im Bürgergarten in Hameln, zu der 51 Institutionen, Organisationen und Vereine aufgerufen hatte, hielt die frühere Landesbischöfin - wie sie selbst sagte - eine kleine Rede zur Verteidigung der wunderbaren Demokratie

Wir stehen heute hier, weil wir auch in Hameln für unsere Demokratie eintreten. Demokratie bedeutet: Das Volk übt durch freie Wahlen die Macht im Staat aus. Jeder und jede können ihre Meinung frei äußern. Es gibt unabhängige Gerichte, unabhängige Medien und die Freiheit der Religionsausübung. Wir hängen nicht an ewiggestrigen Fantasien von „Volksdeutschen“. Wir sind zukunftsorientiert. Wir leben zusammen in Vielfalt, in dem es nicht DIE und WIR gibt, sondern UNS, die gemeinsam dieses Land gestalten, das wir lieben. Ja, wir gemeinsam, die aus verschiedener Herkunft gern hier leben, wir sind das Volk. Deutschland ist unsere Heimat. Wir lassen niemanden zwangsdeportieren. Dafür steht unsere Brandmauer. 

Meine Großmutter und mein Großvater mütterlicherseits stammen aus Hinterpommern, dem heutigen Polen, die väterlicherseits aus Westfalen. Deshalb bin ich nicht deutscher als andere in meinem Alter. Metin etwa, dessen Eltern einst aus der Türkei hierherkamen, und der längst deutscher Großvater ist. Oder Maryam, die aus dem Iran stammt, Dennis geheiratet und eine kleine Tochter hat. Wir alle sind Deutsche! Was meine Großeltern und Eltern betrifft haben sie sich nach 1945 gefragt, ob sie nicht wachsam genug waren, die üble braune Saat rechtzeitig zu stoppen. Wären sie es gewesen, hätten sie verhindert, dass der Wahnsinn der Nationalsozialisten Millionen Juden ermordet hat – auch Homosexuelle, Sinti und Roma, Kommunisten, Gewerkschafter und viele andere. Europa haben die Nazis mit einem Vernichtungsfeldzug in Schutt und Asche gelegt. Am Ende haben auch unser Land. Jetzt ist es an uns, heute wachsam zu sein und zu verhindern, dass sich das diese Katastrophe wiederholt. Deshalb stehen wir hier.

Ich stehe hier als deutsche Bürgerin:

Wir haben es nach langem Ringen geschafft, ein freies, lebendiges, vielfältiges Land zu werden in einem offenen Europa! Uns wurde die Hand gereicht von Nationen, die wir mit Krieg und Leid überzogen haben. Jeder und jede vierte von uns haben Großeltern oder Eltern, die nicht hier geboren wurden. Aber wir alle lieben dieses Land als unsere Heimat. Klar, das führt manchmal zu Auseinandersetzungen. Aber das ist in jeder Gemeinschaft, in jeder Familie so. Wichtig ist: Nicht Herkunft zählt, sondern Zukunft. Und die gestalten wir miteinander. Wir wollen nicht zurück in ein vermeintlich „rassenreines“ Nazideutschland, sondern gemeinsam mit vielen, mit Juden, Muslimen, Christen, Menschen ohne Religion dieses Land gestalten. Wir wollen eine Definition von Deutschland, die sich nicht mit unseren Großeltern und irgendwelcher Abstammung beschäftigt, sondern mit unserer Zukunft, mit unseren Kindern und Enkeln! Wir wollen zusammenleben in einem fröhlichen, bunten, vielfältigen Land und nicht in der braunen Tristesse derer, die alle ausgrenzen wollen, die nicht aussehen, wie sie. Was füreine gähnende Langeweile würde sich ausbreiten, wenn deutsche Identität nur noch die Identitären wären!

Deshalb sage ich: Es ist an der Zeit, zu zeigen: Wir sind das Volk! Wir, die in Frieden, Vielfalt und Meinungsfreiheit miteinander leben wollen!

Ich stehe hier als evangelische Pfarrerin:

Allzu oft haben wir als Christinnen und Christen versagt. Unsere Kirchen haben Kriege gesegnet, Judenhass gesät und Kindesmissbrauch vertuscht. Wir haben versagt, als die Kirchen sich in der Zeit des Nationalsozialismus nicht schützend vor Jüdinnen und Juden gestellt haben. Als sie Sinti und Roma, Kommunisten, Sozialisten und Homosexuellen keinen Schutz angeboten haben. Unsere Grundbotschaft heute ist glasklar: Jeder Mensch ist Gottes Ebenbild! Wir sind eine Gemeinschaft gleichberechtigter und gleich wertvoller Menschen über nationale Grenzen hinweg. Wir wollen in Frieden leben mit Menschen anderer Religion und ohne Religion. Wir wollen beitragen zu Vielfalt und Miteinander.

Deshalb sage ich: Es ist an der Zeit, dass die Kirchen aufstehen und allen die Hand reichen - und wo nötig Schutz bieten -, die hier in diesem Land in Frieden leben wollen.

Rede Margot Käßmann web 01

Rede Dr. Stephan Vasel web 05

Superintendent Stephan Vasel bei der Kundgebung "Laut gegen rechts" am 10. Februar im Bürgergarten in Hameln:

Es gehen in diesen Tagen viele Menschen auf die Straße, die noch nie oder schon lange nicht mehr an einer Demonstration teilgenommen haben. Und wir machen als Kirchen mit. Das ist ein Lernen aus der Geschichte. Vor hundert Jahren war es anders. Die Demokratie von Weimar scheiterte auch daran, dass große Teile meiner evangelischen Kirche sich zunächst nach dem Kaiserreich zurücksehnten und dann in weiten Teilen Hitler zujubelten. Heute sind wir stolz auf Menschen wie Dietrich Bonhoeffer. Doch zur Wahrheit gehört leider auch: Die meisten dachten damals anders. Das heute so vertraute Einstehen für Freiheit, Toleranz und Menschenrechte musste mühsam errungen werden. 

Bonhoeffer diskutierte viel, was man gegen eine Diktatur tun kann. Ein Freund hatte die Idee, man könne doch den Deutschen Christen beitreten und Überzeugungsarbeit von innen leisten. Darauf sagte Bonhoeffer: „Wenn man in einen falschen Zug einsteigt, nützt es nichts, wenn man im Gang entgegen der Fahrtrichtung läuft." Ich glaube: Dies ist genau unsere Situation heute. Viele Menschen sind in einen falschen Zug gestiegen. Wir brauchen Ausstiegs- und Umstiegshilfen. So eine Art Bahnhofsmission für ehemalige Demokratinnen und Demokraten. 1945 war sehr offen, ob es mit der Demokratie in unserem Land klappen kann.

Heute ist das anders. Wir leben in einer geglückten Demokratie, die erheblichen Angriffen ausgesetzt ist. Das Beste, was wir tun können, ist: Demokratisch zu leben! Treten Sie in Parteien ein. Gestalten Sie das öffentliche Leben mit in Vereinen, bei der Feuerwehr, in Schulelternräten oder im Kirchenvorstand. Gehen Sie wählen. Und widersprechen Sie, wenn sich jemand völkisch, antisemitisch oder menschenfeindlich äußert.

Mit unserer Demonstration zeigen wir heute: Es gibt keinen Fachkräftemangel an Demokratinnen und Demokraten in unserem Land. Denn wir sind hier. Wir sind viele. Entschieden wenden wir uns gegen all die Aushöhlungen von Anstand, Würde und Freiheit!

im Bürgergarten 1

 

Zusammen mit vielen anderen ruft auch die Evangelisch-lutherische Kirchengemeijdne Aerzen zur Kundgebung am Samstag im Bürgergarten in Hameln auf:

Im Aufruf heißt es:
Es ist an der Zeit, dass wir ALLE unsere Stimme erheben. Die kürzlich aufgedeckten Deportationspläne der AfD und ihrer
Unterstützer*innen haben einmal mehr gezeigt: Rechtsextreme und populistische Strukturen sind eine reale, immer größer werdende Gefahr für unsere Demokratie und die Menschen, die hier leben.

Jetzt sind wir alle gefordert, uns dieser Entwicklung aktiv in den Weg zu stellen.


Wann: 10. Februar 2024 um 11:00 b i s 12:30Uhr
Wo: Bürgergarten, Hameln


Lasst uns gemeinsam ein starkes Zeichen setzen. Hameln-Pyrmont steht auf gegen Rechtsextremismus und nationalsozialistische
Netzwerke! Gemeinsam für Solidarität, Vielfalt. 


Die RednerInnen:
Margot Käßmann (ehemalige Landesbischöfin)
Karoline Kleinschmidt (IG Metall Alfeld-Hameln-Hildesheim)
VertreterInner aller aufrufenden Parteien (gemeinsam)
Fridays for Future,
VertreterInnen von Vereinen und Verbänden;
Grußwort: Dirk Adomat (Landrat), Claudio Griese (OB Hameln),
Superintendent Stephan Vasel und viele andere

Musikalisches Programm mit den Holy Shits


Es rufen gemeinsam auf:
ACKH, Amnesty International Hameln, Amt für Bildung und gesellschaftlichen Zusammenhalt, Arbeitsgemeinschaft Hamelner Frauenverbände, Arbeitskreis gegen Ausländerfeindlichkeit Bad Münder, attac Hameln, AWO Kreisverband, Bernhard Gelderblom, Bündnis 90/Die Grünen Hameln-Pyrmont, BUND Hameln-Pyrmont, bunt statt braun, Buntes Leben im englischen Viertel, CDU Hameln-Pyrmont, Damit Hameln bunt bleibt , Denkanstoss Hameln, Diakonie mi Kirchenkreis Hameln-Pyrmont, DGB, Die Linke Hameln-Pyrmont, DESG, DRK OV Hameln, Europaunion Hameln-Pyrmont, Evangelische Jugend Hameln-Pyrmont, Ev.-reformierten Gemeinde Hameln, FDP Hameln-Pyrmont, Fridays4Future Hameln-Pyrmont, Frauenunion der CDU Hameln-Pyrmont, GEW Kreisverband Hameln-Pyrmont, IG Metall Alfeld-Hameln-Hildesheim, Jüdische Gemeinde Hameln, Jüdische Kultusgemeinde im LandkreisHameln-Pyrmont, Kirchenkreis Hameln-Pyrmont (dazu gehört die Kirchengemeinde Aerzen), Kreisseniorinnenrat Hameln-Pyrmont, Kreissportbund Hameln-Pyrmont, Kulturzentrum Sumpfblume, Lebenshilfe Hameln-Pyrmont, Omas gegen Rechts Hameln-Pyrmont, Parents4Future, Paritäten Hameln-Pyrmont, Polizeichor Hameln, Queeres Netzwerk Weserbergland, Radio Aktiv, Rad-Verkehrswende Hameln, Seebrücke Hameln-Pyrmont, SoVD Hameln-Pyrmont, Sparkasse , SPD Hameln-Pyrmont, TafelHameln e.V. , TC Hameln, Terra Petra e.V., VCP, verdi Bezirk Hannover-Heide-Weser, Vf BHW Hameln, VNSB Niedersachen, Ortsverband Hameln ... 

 

Kundgebung Aufruf

 

 

240204 Kirchentagssonntag

An Sonntagen nach der Weihnachtszeit und vor Aschermittwoch feiern Gemeinden in Deutschland den KirchentagsSonntag: Der Gottesdienst an diesem Sonntag soll neugierig machen, informieren, Lust machen und die Gemeinden einladen, den Kirchentag in ihre Fürbitte mit einzuschließen. Mit dem Gottesdienst am KirchentagsSonntags kommt ein Stück des besonderen Flairs des Kirchentages nach Aerzen. Mit dem Gottesdienst „Halt – wir suchen!“ wird zum Kirchentag 2025 in Hannover eingeladen. Dann treffen sich vom 30. April bis zum 4. Mai evangelischer Christen in Hannover unter dem Motto: „Mutig. Stark. Beherzt.“ Am Sonntag wird neben den ersten Kirchentagsgesängen auch der Kirchentagspsalm für Hannover um 10 Uhr in der Marienkirche in Aerzen vorgestellt.